Wie du deine innere Leere füllen kannst
Ich vermute, du wirst sie kennen: Diese innere Leere, die sich so schrecklich anfühlt, dass du sie wahrscheinlich am liebsten weghaben willst. Doch sie ist da und macht sich immer wieder bemerkbar. Nicht, weil sie dich ärgern will, sondern weil sie gehört werden möchte und möchte, dass du ihr Beachtung schenkst.
Deshalb wird es heute um diese innere Leere gehen und wie du sie so füllen kannst, dass sie sich nicht immer wieder meldet, sondern dass sie sich nach und nach in ein Gefühl der Erfülltheit verwandelt.
Lösungsversuche über die körperlich-materielle Ebene
Das Phänomen der inneren Leere ist in der Regel unbewusst da. Ich weiß nicht, wie du das erlebst. Vielleicht macht sich auf einmal ein Gefühl des Unbehagens in dir breit, das du am Liebsten wegdrücken möchtest. Vielleicht würdest du gerne irgendwo hin, weißt aber nicht, was das für ein Ort sein könnte, da es diesen im Außen nicht zu geben scheint. Oder du willst irgendwas haben, aber wenn du es dann hast, fühlst du dich nicht wirklich besser. Es kann auch sein, dass du unglaublich müde wirst und du versuchst, dich auf diese Weise weg zu beamen.
Also, egal, wie sich die innere Leere in dir bemerkbar macht – es kommen immer wieder Momente in deinem Alltag, in denen sie auf einmal da ist.
An diesem Punkt möchte ich gerne innehalten, denn das ist ein ganz, ganz wichtiger Moment. Die innere Leere ist jetzt da und will da sein. Okay.
Und nun kannst du dich entscheiden, wie du sie füllst.
Wohl jede Frau mit einer Essstörung hat ganz klare Strategien entwickelt, wie sie das Gefühl der Leere wegbekommt. Die einen zieht es in den Supermarkt und sie kaufen riesige Mengen an Lebensmitteln ein, die sie dann in einem Fressanfall hinunter schlucken und gegebenenfalls wieder erbrechen. Andere lenken sich mit Sport ab oder mit Shopping. Und wieder andere verweigern das Essen und bringen damit allein schon mit ihrem Erscheinungsbild ganz klar zum Ausdruck, wie leer sie eigentlich sind.
Diese Strategien schaffen für den Moment Erleichterung. Ja, für eine Weile hilft es, dieses schreckliche Gefühl wegzubekommen. Aber du wirst es selbst wissen: Es dauert nicht lange und schon befindest du dich wieder in einer ähnlichen Situation.
Das Problem an der ganzen Sache ist, dass diese Leere auf seelischer Ebene da ist, du aber versuchst, sie über die körperlich-materielle Ebene, also zum Beispiel mit Essen oder Konsum, zu füllen. Das kann nicht funktionieren. Denn eine Leere auf seelischer Ebene lässt sich auch nur auf dieser füllen.
Wie lässt sich die seelische Ebene erreichen?
Ich möchte dir von einer Situation erzählen, die ich in der Endphase meiner Essstörungszeit immer wieder erlebt habe:
Damals wohnte ich in Görlitz, in einer kleinen Studenten-WG mit einem gemütlichen Zimmer direkt unter dem Dach. Immer wieder kam es vor, dass ich einsam in meinem Zimmer saß und auf einmal wurde mir komisch zumute. Gefühle, die ich zunächst gar nicht klar in Worte fassen konnte – irgendwas zwischen innerer Leere, Melancholie, Sehnsucht, Wehmut und Traurigkeit.
Und dann habe ich Folgendes gemacht: Ich habe mir Zeit genommen, um mir dieses undefinierbare Gefühlsetwas genauer anzusehen.
Dafür habe ich mir die vielen Kerzen angezündet, die ich in meinem Zimmer stehen hatte und dazu ein Räucherstäbchen. Auch ruhige Liedermachermusik mit nachdenklichen Texten gehörte meist zu diesem Ritual. Und dann habe ich mich entweder mit einer Tasse Tee an meinen Schreibtisch gesetzt und gemalt, was gerade aus mir heraus fließen wollte. Oder ich habe Tagebuch geschrieben. Manchmal zog es mich auch in meine Hängematte – das war wirklich herrlich, denn ich hatte mir zwischen die zwei Holzbalken in meinem Zimmer eine Hängematte gespannt – und von dieser aus habe ich die Krähen beobachtet, die über das Feld direkt vor meinem Fenster flogen.
Und auf einmal kam in mir etwas in Bewegung. Das Gefühlschaos begann sich zu sortieren und wurde klarer. Oftmals flossen Tränen und nach und nach verwandelten sich die unangenehmen Gefühle in positive. Am Ende dieses Rituals, so nach ein bis zwei Stunden, war auf einmal Erleichterung da. Ja, sogar Freude. Und Dankbarkeit für das, was gerade ist. Ich hatte es also wieder ein stückweit mehr geschafft, meine innere Leere mit schönen Dingen aufzufüllen und sie in Erfülltheit zu verwandeln.
Wenn du dir nun meine Geschichte anschaust, dann wird dir vielleicht auffallen, dass viele Symbole darin vorkommen beziehungsweise Dinge, welche die Seele erreichen:
- Kerzen, die Licht in meine innere Dunkelheit gebracht haben
- Räucherstäbchen, deren Duft wohlige Gefühle in mir ausgelöst haben
- Musik, die mein Herz erreichte
- ein Tee, der mich von innen heraus wärmte
- kreatives Malen ohne Sinn und Ziel
- das Tagebuch, in dem ich mir meine Sorgen von der Seele schreiben konnte
- meine Hängematte, die ich so liebte und in der ich mich fallen lassen konnte
- die Natur direkt vor dem Fenster, die meiner Seele sooo gut tat
Und genau das möchte ich dir gerne vermitteln. Deine Seele, die sich so einsam und leer anfühlt, wirst du niemals über die körperliche Ebene oder mit materiellen Dingen erreichen. Wenn du sie auffüllen willst, dann geht das nur über Rituale und Symbole, die im übertragenen Sinne etwas in dir berühren und ein Gefühl der Wärme in dir erzeugen.
So möchte ich dich heute einladen, dich selbst zu beobachten, in welchen Momenten du dich leer fühlst. Und wenn du an dem Punkt bist, an dem du feststellst – „Jetzt ist es wieder soweit“ – kannst du dich entscheiden, auf welche Weise du deine innere Leere füllst. Vielleicht hast ja auch du Lust, ein Ritual zu entwickeln, mit dem du deine Seele erreichst, damit nach und nach ein Gefühl der inneren Fülle entsteht.
Ich wünsche dir viele, viele berührende Momente.
© Dorothea
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