Rituale im Jahreskreis
Es wird Frühling und das ist die Zeit, in der ich Jahr für Jahr hinaus in den Wald ziehe, um mir frische Zweige für die Vase zu holen. Staunend beobachte ich dann jedes Mal, wie sich die prallen Knospen langsam, aber unaufhaltsam zu öffnen beginnen und immer mehr aufblühen.
Ich habe mit diesem jährlichen Frühjahrsritual bereits in meiner Essstörungszeit begonnen. Und es ist eins von vielen Ritualen, die ich im Laufe eines Jahres begehe. Durch diese Rituale ist bei mir eine Sensibilität für das zyklische Denken entstanden, was ich persönlich als sehr heilsam erlebt habe.
Deshalb möchte ich dich heute in das, was dieses Wiederverbinden mit dem Zyklischen in dir bewirken kann, mit hinein nehmen. Und ich habe ein paar Ideen, welche Rituale du in den unterschiedlichen Phasen eines Jahres begehen kannst, um den Kreislauf eines Jahres zu feiern.
Vom linearen zum zyklischen Denken
Machen wir uns doch mal bewusst, wie linear unser Denken ist. Immer geht es darum, voran zu kommen, besser zu sein und mehr Leistung zu bringen. Es ist in unserem Kulturkreis so normal, dass wir oftmals gar nicht merken, was dieses lineare Denken mit uns macht.
Und das macht in allererste Linie eins: Druck. Immer noch mehr zu geben. Immer noch perfekter zu werden. Und immer noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Hauptsache machen, machen, machen.
Bei diesem Denken gerät aber eine Sache vollkommen in Vergessenheit: Dass es nicht nur darum geht, etwas zu leisten und aktiv zu sein. Sondern dass genauso Phasen der Ruhe und der Erholung notwendig sind. Denn wie sollst du immer 100% und mehr geben, wenn du zwischendurch keine Möglichkeit zur Regeneration hast? Da ist es doch vollkommen logisch, dass du früher oder später kollabierst. Einfach weil du nicht mehr kannst.
Wenden wir uns nun dem Zyklischen zu, so ist es ganz anders. In dieser Denkweise ist es vollkommen normal, dass sich Zeiten der Aktivität, des Tuns und des Erschaffens mit Zeiten des Rückzugs, der Regeneration und der Ruhe abwechseln. Auf diese Weise entsteht etwas viel Gesünderes. Denn es gibt nicht nur Phasen des Aktivseins, sondern genauso Phasen, in denen du dich von den Aktivitäten erholen kannst.
Deshalb möchte ich dich einladen, dich ganz bewusst mit diesem zyklischen Denken zu verbinden und es immer mehr in dir zu verinnerlichen. Denn es tut einfach nur gut, nicht mehr bis zum Umkippen zu schuften. Sondern sich zwischendurch immer wieder Phasen der Ruhe zu gönnen, um wieder aufzutanken.
Die Natur als Vorbild
Die Natur hat es an dieser Stelle wirklich verstanden, wie es gesund ist. Denn in ihr ist es ganz selbstverständlich, dass sich Phasen des Erblühens und der Aktivität und Phasen des Rückzugs und der Erholung abwechseln.
Wenn du dir nun wiederkehrende Rituale im Jahreskreis suchst, dann kannst du dich von ihr mit hinein nehmen lassen in diesen angenehmen Wechsel der Phasen.
Im Frühling und Sommer geht es ums Wachsen, Blühen und Gedeihen. Du könntest dir eben ein paar Zweige aus dem Wald holen, sobald dich die ersten Frühlingsstrahlen an der Nase kitzeln. Es kann wunderschön sein, im Sommer einen bunten Wiesenstrauß zu pflücken. Du könntest barfuß laufen. Den warmen Boden spüren. Dich ins Gras legen und ins satte Grün der Bäume schauen. Oder Tiere beobachten, wie sie aktiv und agil sind. Auch das Baden in einem kühlen Waldsee kann dich spüren lassen, wie viel Kraft in dieser Zeit der Aktivität liegt.
Ist der Herbst da und rückt der Winter immer näher, dann wird sehr deutlich, dass nun immer mehr die Phase des Rückzugs anbricht. Bunte Blätter, die du sammeln kannst, zeigen sehr freundlich, dass die Natur einen Sommer lang genug gepowert hat und sich nun auf die Pause zur Erholung vorbereitet. Eicheln und Kastanien zu sammeln kann dir zeigen, wie zauberhaft es ist, die Früchte der „Arbeit“ in der Hand zu halten und es damit dann aber auch erst einmal beruhen zu lassen. Es wird stiller, die Tiere ziehen sich zurück, legen sich noch einen Wintervorrat an und beginnen schließlich ihren Winterschlaf. Und wenn es dann kalt geworden ist und du bei einem Spaziergang durch den leise vom Himmel fallenden Schnee stapfst, dann ist wirklich nicht mehr zu überhören, dass nun die Zeit der Stille angebrochen ist. Gelegenheit also, um sich auszuruhen und neue Kraft zu sammeln.
Ich wünsche dir, dass du – wenn du magst – schöne Rituale für dich entwickeln kannst. Und dass dich dieses Verbinden mit dem Zyklischen immer mehr entspannt und dir immer mehr an Druck nimmt.
Sei lieb gegrüßt,
© Dorothea
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